Jongmyo Jeryeak in Deutschland

Das königliche Ahnenritual aus Korea kommt nach Deutschland. Es ist die außerordentlich seltene Möglichkeit der musikalischen Geschichte Koreas so nahe zu kommen.

Am 12. September in der Berliner Philharmonie, am 17. September in der Hamburger Elbphilharmonie, am 23. September im Prinzregententheater München und am 26. September in der Kölner Philharmonie.

 

National Gugak Center Court Music Orchestra of National Gugak Center
Leitung: LEE Sang-won

Dance Theatre of National Gugak Center
Leitung: YU Jeong-suk

Einführung: Frank Böhme

 

Im Herzen von Seoul, unweit der beiden Königspaläste, liegt der konfuzianische Jongmyo-Schrein. Hier wird den Königen der Joseon-Dynastie (1392 bis 1910) gedacht. Ein Ort voller Geschichte, Ruhe und Spiritualität, in dem sich die konfuzianische Gedankenwelt tief eingeschrieben hat. Es gibt in Korea sehr wenig Musik, die so eng mit einem Ort verbunden ist, wie diese Ritualmusik.
Mit der Gründung der Joseon-Dynastie im Jahre 1392
wurde nicht nur die Hauptstadt in das heute Seoul verlegt, sondern auch der Konfuzianismus als Staatsphilosophie eingeführt. Die Ahnenverehrung spielt hierbei eine wichtige Rolle und ist Bestandteil der sog. „Drei sozialen Pflichten“.[1] Die Ahnenrituale wie sie im Jongmyo-Schrein durchgeführt wurden, dienten als Brücke zwischen den Welten der Lebenden und der Verstorbenen.

Die Haupthalle Jeongjeon
hat heute neunzehn und die Nebenhalle Yeongnyeongjeon sechzehn Kammern. Die Größere, mit einer Länge von ca. 100 Metern, ist der längste einteilige Holzbau in Korea und bewahrt die Gedenktafeln von 19 Königen und 30 Königinnen auf. 

Das Ritual der Ahnenverehrung ist ein symbolbeladenes Zusammenspiel von Gesang (Jongmyo Akjang), der Musik (Jongmyo Jeryeak) und Tanz (Palilmu).
Im 15. Jahrhundert wurde für königlichen Ahnenritual noch die ursprünglich aus China stammende A
ak-Musik benutzt. König Sejong war es, der diese Musikfolge neu komponierte. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass seine Vorgänger koreanische Musik besonders schätzten, sich in Korea ein neues kulturelles Selbstbewusstsein entwickelte und nicht zuletzt, weil Musik in der konfuzianischen Gedankenwelt eine erzieherische Kraft besitzt und sich somit zur politischen Gestaltung eignet.

Die Ritualmusik hat eine besondere Ästhetik. Ihr Tempo ist äußerst langsam und erlebt keine dynamischen Höhepunkte, sondern fließt in einem stetigen Strom dahin. Sie verweigert sich jedem extremen Gefühlsausdruck wie Freude, Trauer oder Ausgelassenheit. Damit sollte jedwede innere Unruhe vermieden werden. Anstelle einer lebendigen Rhythmik treten nun feinste dynamische Nuancen, mikrotonale Tonhöhenänderungen und delikate Tonverzierungen.
Die Darbietung der Musik erfolgt von zwei Orchestern: dem oberen Terrassen- und dem unteren Bodenorchester. Die Auswahl der Instrumente folgt der aus China stammenden Klassifizierung der sog. „Acht Klänge“ und verleihen dem Orchester einen ganz besonderen Klang. Es sind Instrumente zu hören, die seit Jahrhunderten existieren aber nur noch in dieser Musik ihren Einsatz finden. 
Der zum Ritual gehörende Tanz wurde in Korea schon während der Goryeo-Dynastie (918-1392) aufgeführt. Er ist wahrscheinlich der berühmteste rituelle Tanz in der koreanischen Geschichte. Die Bewegungen der Tänze bestehen aus rund 50 einfachen Bewegungsmustern und werden mit großer Ernsthaftigkeit ausgeführt um auch hier wird jede emotionale Reaktion vermeiden.

Das Jongmyo Jeryak ist ein visuell-akustischer Rückblick auf 500 Jahre Joseon-Dynastie. In einer speziellen Konzertfassung durch das National Gugak Center ist die beindruckende Lebendigkeit des musikalisch-künstlerischen Erbes in Korea erfahrbar.

[1] Diese sind: Loyalität (Untertanentreue (); Pietät (Folgsamkeit und Respekt gegenüber Eltern und Ahnen () sowie die Wahrung von Anstand und Sitte ().